Fahrradtour in die Dschungelhölle
13 10 2010Sorata nach Rurrenabaque (27.09. – 05.10.2010) Meike
Vorgeplänkel:
Manchmal muss man auf Reisen zu zweit auch Kompromisse eingehen. Waren der Santa Cruz Treck und Ciudad Perdida eher auf meinen Mist gewachsen, wollte Veit in Bolivien gerne eine kombinierte Mountainbike-/Bootstour in den Dschungel machen. Und so hieß es für mich: Mitgehangen, mitgefangen; auch wenn Mountainbiken nicht unbedingt ganz oben auf meiner must-do-Liste steht. Es hätte auch so schön sein können: zwei Tage bergab Fahrrad fahren und dann drei Tage mit dem Boot in den Dschungel. So in etwa hörte sich der Weg von Sorata nach Rurrenabaque zunächst einmal an. Das es nicht ganz so bequem werden würde, war schon klar, wenn man bedenkt, dass wir etwa 4.000 Höhenmeter bergab und insgesamt ca. 140 km mit dem Fahrrad zurücklegen sollten, und dass sowohl unsere Mountainbike Tour als auch unsere Bootsfahrt durch sehr abgelegene Gebiete führen sollte.
Zunächst einmal mussten wir aber zum Startpunkt der Tour, dem Bergdorf Sorata, gelangen.. Dies bedeutete für uns erst einmal von La Paz per Minibus nach Sorata zu fahren. Für mich bedeutet es ca. vier Stunden eingequetscht zwischen Fahrer und einem anderen Mann (ein anderer Platz war natürlich zufälligerweise nicht mehr frei), die größte Freude daran hatten mich Gringa mit Fragen über alles zu löchern (Wie viel ich verdiene? Warum Veit und ich noch keine Kinder haben? Ob ich die Pille nehme?…vornehme Zurückhaltung wird hier groß geschrieben). Dafür haben sie dann auch extra Fotostopps für mich eingelegt und alle im Bus mussten halt mal warten bis Meike ihre Fotos gemacht hatte.
Kapitel 1: Fahrradtour und Krämpfe in den Händen
In Sorata angekommen bekam ich den ersten Schock als ich unsere zwei Mitfahrer für die beiden Mountainbiketage kennenlernte. Marco und Stefan aus der Schweiz: beide mehr oder weniger Mountainbikeprofis. Ich hatte da mehr so auf ein paar ängstliche Mädels wie mich gehofft. Die beiden waren zunächst einmal – glaube ich – auch nicht so begeistert uns als Reisegefährten zu haben. Nach dem ersten halben Tag haben wir aber ein gutes Team abgegeben und die beiden haben uns sogar für unsere angeblich nicht so schlechten Fahrkünste gelobt.
Am nächsten Morgen ging es dann los. Zunächst wurden wir von unsrem bekloppten – und unserer Meinung nach noch betrunkenen – Jeepfahrer (Anm. der Redaktion: Er wurde dabei beobachtet, wie er sich während einer Pause übergab) auf über 4.000 Meter hoch gefahren. Und dann ging es auf’s Mountainbike…. über eine alte Jeepstraße (wobei Straße hier übertrieben ist, richtiger ist Schotterpiste) ging es abwärts. Schon nach kurzer Zeit durften Veit und ich feststellen, dass auch bergabfahren anstrengend sein kann und uns brannten Arm-/Hand- und Beinmuskeln. Unsern Schweizern war die Fahrt natürlich nicht aufregend genug und sie suchten sich immer wieder Wege abseits der Schotterpiste. Als es dann am Ende auch noch ca. 10 km bergauf gehen sollte, haben Veit und ich uns bequem in den Jeep gesetzt und den ambitionierten Schweizern beim Trampeln zugeschaut. Wir waren so schon fertig genug. Der Tag endete mit einer Dusche im Wasserfall und einer Nacht in einem sehr einfachen Hotel (Zitat Stefan: Wie es gibt keine Dusche im Zimmer? Er wollte mir auch nicht wirklich glauben als ich ihm versuchte klar zu machen, dass wir im Dschungel noch nicht einmal ein Klo haben werden.) Die Landschaft und die Ausblicke am ersten Mountainbiketag waren spektakulär und nachdem mir der erste Tag ein wenig die Angst genommen hatte, freute ich mich auch auf den zweiten Tag.
Die Nacht war schnell vorbei und so saßen wir für unsere armen Muskeln viel zu schnell wieder auf dem Mountainbike. An diesem Tag ging es auch noch ordentlich bergauf. Bei ca. 40 Grad und viel Staub auf der Schotterpiste war mein Kopf kurz vorm Platzen. Aber ich habe es – wenn auch mit einer kleinen Jeepunterbrechung – überlebt und in unserem Hostel angekommen wartete unser Guide mit einem kalten Bier als Belohnung auf uns. Die zweite Nacht verbrachten wir dann in einer etwas besseren Unterkunft und nach ein paar Bier in der lokalen Kneipe erschien uns die Unterkunft richtig gut. Stefan versuchte unterwegs immer wieder Desinfektionsspray für die nicht vorhandenen Toiletten im Dschungel zu kaufen. Natürlich führte die Suche im bolivischen Hinterland nicht zum Erfolg.
Kapitel 2: Bootstour oder Dschungelhölle
Nach den Strapazen auf dem Mountainbike freuten wir uns auf die nächsten erholsamen Tage im Boot. Erst einmal mussten wir vier Mountainbiker aber in dem Ort, in dem es per Boot weitergehen sollte, auf die acht anderen Bootsausflugsteilnehmer warten. Die Pause wurde dafür genutzt sich mit einer Eisbox und genügend Bier einzudecken, um auch jedem Vorurteil des typischen Deutschen gerecht zu werden. Irgendwann kamen dann auch die anderen hinzu, u. a. unsere kanadischen Freunde Kristin und Kevin. So konnte die Bootsfahrt losgehen. Der Fahrtwind und die netten Gespräche machten dann auch die Hitze erträglicher.
An unserem Zeltplatz angekommen, konnte erst einmal ein erfrischendes Bad in einem Fluss genommen werden; wobei die Erfrischung bei den Temperaturen nicht lange anhielt. Zudem mussten wir lange Sachen anziehen, da es von Moskitos und Sandmücken nur so wimmelte. Dann wurden die Zelte aufgebaut und es startete der Versuch möglichst wenig Ungeziefer in das eigene Zelt zu bekommen. Dies war angesichts der etwas ramponierten Zelte nicht so einfach. Noch schwerer war das Schlafen in den heißen, stickigen Zelten – dies veranlasste Kristin zu der Aussage “that is my hell” (das ist meine Hölle) und Kevin musste einige Überzeugungsarbeit leisten, um sie davon überzeugen, dass Hölle etwas viel Schlimmeres ist. (siehe auch den Blog von Kevin und Kristen)
Na ja, als dann endlich das Morgengrauen kam und wir die Zelte nach einer nicht so entspannten Nacht verlassen konnten, waren die Strapazen der Nacht schnell vergessen und nach einer Wasserfalldusche konnten alle die Landschaft vom Boot aus genießen. Außerdem konnten wir Affen beobachten und bei einer Wanderung durch den Dschungel so einiges über die örtliche Flora und Fauna lernen. Mittagessen wurde übrigens auf dem Schiff serviert. Respekt an die Köchin. Beim Abendessen musste Kristin dann noch einmal leiden, weil in ihrer Pasta eine riesige Kakerlake war. Das lässt sich beim Freiluftkochen nicht ganz verhindern, unschön war es trotzdem. Auch diese Nacht wurde wieder heiß und das sorgt nicht gerade für Frieden im Zelt…
Aber auch diese unfriedliche Nacht ging irgendwann vorbei und wir starteten den Tag mit einer anstrengenden Wanderung durch den Dschungel. Kaum zurück im Boot, setzte ein monsunartiger Regen ein und die Luft kühle abrupt ab. Ja, das hatten wir uns vorher gewünscht, aber jetzt war es plötzlich zu kalt. Veit und ich hatten klugerweise unsere Regenjacken und warmen Sachen in unseren großen Rucksäcken, die im Boot so verstaut waren, dass wir nicht dran kamen. Und so mussten wir auf den folgenden vier Stunden Bootsfahrt lernen, dass man auch im Dschungel ordentlich frieren kann. Als wir dann im strömenden Regen in Rurrenabaque ankamen, musste ich erst einmal feststellen, dass die Bootsleute meinen großen Rucksack so im Boot verstaut hatten, dass er trotz Regenhülle komplett nass geworden war. Jetzt musste Veit mir beibringen, dass das nicht das Ende der Welt ist…. (Veit und Kevin sind in der Hinsicht Leidensgenossen geworden, aber Kristin und ich haben es auch nicht immer leicht.)
Insgesamt war es eine spannende Zeit, wir haben viel vom bolivianischen Hinterland gesehen. Leider gehört dazu auch viel Umweltverschmutzung, Brandrodung und weitere nicht so schöne Sachen. Aber dazu werde ich wahrscheinlich noch einmal einen weiteren Blogeintrag schreiben.
Nach diesem abenteuerlichen Weg nach Rurrenabaque haben wir uns auf in die Pampa gemacht. Dort konnten wir dann Alligatoren, Kaimane, pinke Flussdelphine (ein Mädchentraum), Affen, Schildkröten usw. beobachten.
Nachgeplänkel: Lessons Learned im Dschungel:
- Auch bergab Fahrrad fahren ist anstrengend.
- Man kann von permanenten Bremsen Krämpfe in den Händen bekommen.
- Zelten bei 40 Grad im Dschungel ist (fast) die Hölle.
- Sandmücken sind so hinterhältig, dass sie einen sogar in den Po beißen, wenn man mal die Dschungel-Toilette besuchen muss.
- Auch im Dschungel kann man frieren. Ich musste an den zwei kalten Tagen in der Pampa übrigens in meiner Skiunterwäsche schlafen.
- Mountainbiking wird nicht mein neuer Lieblingssport. Ich bin dann doch eher der Wandertyp.
Hallo ihr beiden,
trotz aller Strapazen seht ihr eigentlich ganz zufrieden aus. Ich habe mehrere Male herzlich gelacht , ist vielleicht etwas gemein aber solche Erfahrungen sind doch auch schön. Die Tierfotos sind dieses Mal besonders gut. Wir leben in Chile aber etwas zivilisierter oder? An eine Wasserfalldusche könnte ich mich gewöhnen, die Zelte sehen nicht so toll aus und mountainbiking ging schon gar nicht. Ich bin gespannt auf die Wüstenfotos. Ich schau nämlich jezt erst mal wie weit die Rettung in der Atacamawüste forgeschritten ist.
L. G. M.
Wir werden uns Mühe geben das Programm in Chile etwas zivilisierter und ohne Zelt und Mountainbike zu gestalten. Das wird dann aber auch weniger abendteuerlich…. Liebe Grüße nach Senden P.S.: Bei uns gibt es jetzt gleich den ersten Sekt nach über drei Monaten.
Etwas Abenteuer darf auch ruhig sein. Hat der Sekt nach so langer Zeit besonders gut geschmeckt oder ist der Wein besser ? L. G. M.