Bewegungsfreiheit oder Liebe geht durch`s Weinglas
22 10 2010Salta, 12.-18.10.2010 (Meike)
Seit mehr als drei Monaten sind wir nun mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Das ist manchmal sehr angenehm und bequem (z. B. die Luxusbusse in Peru, in denen man Essen (sogar vegetarisch!!!) und Getränke serviert bekommt und sehr viel Platz hat), manchmal ist es aber anstrengend und nervtötend (z. B. wenn in den Bus immer noch mehr Leute eingeladen werden, obwohl eigentlich kein Platz mehr ist, oder der Bus ohne erklärbaren Grund einfach mal wieder einen längere Pause mitten in der Pampa macht) und manchmal ist es einfach schrecklich (z. B. wenn die Leute die vor oder hinter einen sitzen so stark nach Schweiß stinken, dass man sich am liebsten übergeben möchte – gerade wieder auf dem Weg von Salta nach Mendoza so erlebt).
Deshalb war es Zeit für uns das erste mal auf einen eigenen fahrbaren Untersatz zu setzen und wir haben uns in Salta (Argentinien) ein kleines Auto gemietet. Die Betonung liegt hier auf klein. Ich hatte so auf einen VW Gol, den ich noch aus meiner Brasilienzeit kenne, gehofft, aber der Drache am Schalter bei der Autovermietung – übrigens die erste unfreundliche Argentinierin, die uns begegnet ist – hatte leider nur einen Ford K für uns. Aber auch den Ford K sollten wir noch lieben lernen.
Wir machten uns also von Salta mit unserem neuen Freund dem K auf den Weg. Zunächst einmal mussten wir heile aus Salta herauskommen. Theoretisch herrscht dort an den meisten Kreuzungen rechts vor links, praktisch sieht das irgendwie anders aus und ich bin immer noch überrascht, dass wir es ohne Unfall über die vielen Kreuzungen geschafft haben. Wir genossen unsere neugewonnene Freiheit sehr und machten Umwege, dort wo wir Lust hatten, hielten, wo es uns gefiel und picknickten in einer wilden Canyonlandschaft oder auf einem der schönen Plätze in einem der kleinen Orte, die wir durchquerten. Der erste Tag “on the road” führte uns nach Cafayate, ein berühmtes Weinanbaugebiet Argentiniens. Und natürlich mussten auch wir erst einmal den heimischen Wein in zwei Bodegas testen. Abends gab es dann zur großen Freude von Veit ein Asado (Grillabend) in unserem Hostel. Dies bedeutetet Unmengen an Fleisch und gute Gespräche mit netten Leuten aus der ganzen Welt. Besonders beeindruckt haben uns zwei Belgier, die mit ihren drei Kindern für ein Jahr durch Südamerika reisen, um dort den Platz zu finden, an dem sie leben wollen. Hut ab! Ich finde es oft anstrengend genug die ganze Reiserei für uns zwei zu organisieren…
Am nächsten Morgen machten wir uns schweren Herzens und mit schwerem Kopf von dem ganzen Wein wieder auf den Weg. Inzwischen hatten wir aber Zuwachs bekommen. Wir haben Sara, eine Amerikanerin, mitgenommen. Sie wollte auch nach Cachi, unserem nächsten Ziel, und dorthin gibt es keinen öffentlichen Nachverkehr. Der Weg führte uns über eine Schotterpiste durch traumhafte Landschaften und kleine Orte. Angekommen in Cachi haben wir uns sofort in den Ort verliebt. Hierzu hat insbesondere ein tolles Restaurant beigetragen – Liebe geht ja bekanntlich durch den Magen. Wir haben dort das beste Essen seit Monaten bekommen… Völlig beseelt von dem guten Essen führte uns der Weg wieder zurück ins Altiplano. Hierfür mussten wir jedoch erst einmal wieder ein paar ungeteerte Straßen überwinden (Anm. der Redaktion: Unter anderem standen wir plötzlich unverrichteter Dinge auf einer Bergstraße, da ein Erdrutsch die Straße unpassierbar gemacht hat. Die Umleitung ging dann im Tal durch das größtenteils trockene Flussbett). Angekommen in San Antonio de los Cobres fühlten wir uns wieder wie in Bolivien. Wir wurden quasi auf der Straße von dem Sohn eines Hostelbesitzers aufgelesen. Dieser machte sich gleich mit einem Begrüßungskaffee und Kuchen bei uns beliebt und wir genossen die Gastfreundschaft dieser kleinen Familienpension sehr. Zurück nach Salta ging es über eine wahnsinnige Passstraße, auf der uns ein LKW-Fahrer fast umgebracht hätte (als er die Kehre mit seinem Anhänger schnitt), und über Salzwüsten, bunte Berge und Eifel-ähnliche Mittelgebirgslandschaften. Und dann war’s auch schon wieder vorbei mit der Bewegungsfreiheit, das Auto musste abgegeben werden und wir sind wieder auf öffentliche Verkehrsmittel und auf unsere Füße angewiesen.
Da uns der Wein in Salta und Umgebung so gut geschmeckt hat, sind wir gleich in die nächste Weinregion nach Mendoza gefahren. Hier haben wir eine Fahrradtour von Bodega zu Bodega gemacht und dabei köstliche Weine und verrückte Weingutbesitzer kennengelernt.
Argentinien hat uns übrigens ein wenig faul gemacht. Alles ist hier wieder ein bisschen leichter und einfacher zu erledigen und zu organisieren, der Wein und das Essen schmecken super (Magenprobleme gibt es nicht mehr), die Menschen sind superfreundlich (der Bolivianer an sich hat nicht so gerne gelacht und die Freundlichkeit war auch noch ausbaufähig). Das alles fühlt sich für uns gerade sehr nach Urlaub an und wir genießen es. Ach Argentina: nos encanta!!!!
Hallo Ihr Abenteurer, das kann ich mir gut vorstellen, dass Euch der Wein mit der kargen Landschaft wieder versöhnt hat. Die Fotos sind wirklich super und ein bisschen neidisch bin ich auf die vielen interessanten Leute, die ihr auf eurer Reise kennenlernt. Veit Du überrascht mich wirklich – seit wann kannst Du „sandboarden“?? Wir haben gerade herzlich gelacht bei der Vorstellung, dass ein Touri-Bus mit „Senioren“ gehalten hätte und diese auch die Dünen per Sandboard runter wären!
Oh, eure Berichte über Argentinien wecken Erinnerungen an meine Studienzeit dort. ich war damals in Buenos Aires, Mendoza, Salta, Bariloche, El Calafate, etc. Ich wünsche euch weiterhin eine tolle Zeit.
Grüße
Ann-Kathrin